Das Niemandsland...
Das
Niemandsland beginnt dort, wo alle Katzen(zucht)geschichten enden. Dort,
wo immer steht: „und jetzt lebt mein kleiner Bub bei“ oder
„jetzt lernt sie dänisch“ oder, oder, oder. Bei allen Storys aus unserem oft so sehr bewegten Züchterleben mit unseren Katzen wird über Deckung, Geburt, Aufzucht usw. gesprochen, manchmal – sehr viel seltener als vermutlich im wahren Leben – auch über Krankheit und Tod. Aber eine wichtige Position in diesem Zusammenhang ist – zumindest für mich - das Kennenlernen der Menschen, die meine Kleinen zu sich holen wollen. Sehr viel Zeit investiere ich auch in diesen Abschnitt; mit allen wird häufig und ausgiebig telefoniert und fast alle (wenn nicht aufgrund der Entfernung unzumutbar) kommen mehrfach die Kleinen besuchen.
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Und dann kommt da noch der für mich jedenfalls schwierigste Teil: Das Abschied-nehmen – eben das Niemandsland. Offenbar will niemand darüber schreiben... Neulich haben insgesamt sieben kleine Abessinier, sechs Buben und ein Mädi, das Haus „von Abimarin“ bevölkert. Erst vier kleine Abessinier-Kinder und dann nach weiteren vier Wochen noch drei Minipumas und dann war irgendwann jede Menge pulsierendes Leben da. Wer Abys kennt, weiß was ich meine. Das ist die fernsehlose Zeit, denn die Kleinen zu beobachten, mit ihnen zu spielen und zu schmusen ist schöner als alles andere. Man kann süchtig danach werden! |
Manchmal vergehen Tage und die
Babys scheinen sich gar nicht zu verändern, an anderen Tagen genau das
Gegenteil: Plötzlich erscheinen die Hinterpfoten zu lang für den Körper,
die Ohren viel zu groß. Dann sind Bäuche dick und rund von Mamas
Milch und auf einmal erscheinen sie viel zu dünn, weil sie gerade mal wieder
in der Länge gewachsen sind. „Unmöglich“ denkt man dann
von ihrem Aussehen und ein, zwei Tage später „vielversprechend“.
Jede kleine Veränderung sorgfältig wird registriert.
Lange wird über Namen nachgedacht, es werden Bücher gewälzt,
im Internet gesurft und dann überlegt, paßt er auch zum Kitten? Mein
kleines Mädchen zum Beispiel. Ihr haben wir den Namen „Donna“
gegeben - sie benimmt sich nämlich gerne wie eine kleine Prima-Donna. Jetzt,
bei ihren neuen Menschen, heißt sie Djumana – zugegeben auch ein
schöner Name. Für mich wird sie aber immer meine kleine Donna bleiben...
Eine befreundete Züchtern verriet mir dann, dass sie ihre Kleinen nicht
mehr mit Namen anspricht, dann ist die Bindung nicht so groß und der Abschied
fällt vielleicht nicht ganz so schwer. Aber will ich das überhaupt?
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Mit jeder
Phase des Größerwerdens verändert sich auch die Geschicklichkeit
der Kleinen. Anfangs noch auf unbeholfenen dünnen Beinchen, die einen
um so dickeren Bauch tragen müssen, wackeln sie durch die Welt. Wie
im Zeitraffer lernen sie Tag für Tag immer ein bißchen dazu
und dann kommt der Tag, an dem man feststellt, daß aus dem Babys
richtige kleine Katzen geworden sind. Nun sind ihre Bewegungen –
zumindest vorwiegend - elegant und die
rassetypischen Schönheitsmerkmale werden immer deutlicher. Aber mit
der Größe und der Schönheit kommt auch die Kraft in die
kleinen Glieder und die muß nun ständig gemessen werden. |
Nun geht es buchstäblich über Tische und Bänke. Letztens hatte
ich mal wieder frische Blumen geschenkt bekommen – hätte mein Liebster
das nur sein gelassen! Wasser sucht sich bekanntlich nach dem Umwerfen der Vase
infolge von intensivem Schnuppern und Probieren seinen Weg – quer durchs
ganzeWohnzimmer, das ich dann trockenlegen
durfte.
Offenbar befindet sich diesmal eine Horde kleiner Tarzans in meiner Obhut: Sie
schaukelten nämlich mit Vorliebe in den Vorhängen! Also pflücke
ich sie unermüdlich wieder heraus, binde die Vorhänge zur Seite und
hoffe, diese Phase möge schnell vorübergehen.
Schier unglaublich ist, wieviel so kleine Monster fressen können: Bis zu
4 x täglich 3 Dosen zu je 400 gr = 4.800 gr – das sind fast 5 kg!
Allerdings incl. meiner 3 Großen. Und man bedenke: Was vorne rein geht,
kommt auch hinten wieder raus. Folge: 2 x tägliches Reinigen der vier bis
zeitweise sogar 7 Katzentoiletten und anschließendes Staubsaugen. Weiterhin
auf- und einräumen der Katzenspielzeuge, bzw. der Gegenstände, die
dazu auserkoren wurden. Kurzum ca. 1 bis ½ Stunden täglich verbringen
mein Mann und ich mit Säuberungs- und Aufräumaktionen.
Das sind dann die Momente, in denen man hofft, daß die Kleinen bald „ausziehen“.
Doch schon bei dem Gedanken stehen dann die Tränen in den Augen...
Je schöner, größer und eleganter sie werden, desto näher
rückt nun der unausweichliche Zeitpunkt des Abschieds. Dabei hat man doch
jetzt gerade erst einen richtigen Draht zu den Kleinen gefunden! Zum Beispiel
zu Casimir, dem kleinen Bub mit der schönsten Farbe und dem weichsten Fell:
Er ist immer bei mir, vor allem in der Küche – könnte ja was
Leckeres für ihn abfallen! Er spricht viel mit mir und macht bereits die
ersten Schultersprungversuche.
Oder Dusty, unser kleiner Spätzünder, für den die Mama nach gut
8 Stunden dann doch noch eine Wehenspritze brauchte, weil er so gar nicht auf
die Welt wollte: Auch heute ist er eigentlich immer der letzte, weil er einfach
die Ruhe weg hat, also muß ich stets darauf achten, daß auch er
nicht zu kurz kommt.
Und unser einziges Mädi, Donna-Djumana. Vielleicht weil sie bei sieben
Aby-Babys das einzige Mädchen ist, aber sicher nicht nur deshalb: Sie ist
einfach wunderschön in ihrer Zartheit mit ihren großen Ohren und
ihren großen mandelförmigen Augen.
Diese Aufzählung könnte ich jetzt immer weiter führen und ohne
Ende ergänzen. Ich weiß über jeden sooo viel zu erzählen.
Irgendwann war es soweit: Carlo zog nach Bremen in seine neue Familie. Er ist ein Schmusekater und liebt es, seinen schlanken Körper ganz dicht an „seinen“ Menschen zu pressen und seinen Bauch lautschnurrend in die Menschenhand zu legen. Carlo wird dort mit Cousin „Injabara von Sesostris“ zusammenleben und es sicher guthaben. Also habe ich am letzten Abend noch einmal ganz ausgiebig mit ihm geschmust – das letzte Mal für immer. Und dann fällt mir der Abschied vermutlich noch ein bißchen schwerer...
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Irgendwann haben alle Katzenkinder
das Haus verlassen. Ein großer Kloß sitzt in meinem Hals und ich
vermisse meine kleinen Wirbelwinde.
Aber ich glaube, sie haben es alle gut angetroffen. Carolus habe ich bereits
nach 4 Wochen in seinem neuen Zuhause besucht; er lebt mit seinen Menschen und
einem jungen Dackel zusammen. Menschen, Kater und Hund mögen sich ganz
offensichtlich sehr.
Und auch von den anderen Abimarinern habe ich nur Positives gehört. Die
Stimmen der Menschen am anderen Ende des Telefons leuchten quasi Glück
und Freude zu uns nach Rösrath. Und doch ist ihr Glück auch ist mein
Verlust...
Eines weiß ich genau: Irgendwann kann ich das Abschiednehmen nicht mehr ertragen und dann wird es wohl keine Katzenkinder von Abimarin mehr geben.
Copyright: 2003/Janine Soendgen/www.abimarin.de
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